Die ringförmige Sonnenfinsternis am 10.Mai 2013 in Australien - Karl & Käthe Benz

Karte Tennant Creek
Die beiden gelben Markierungen zeigen die im folgenden relevanten Orte: Tennant Creek am Südrand der Totalitätszone von ca. 170 km Breite sowie Banka Banka Entrance ca. 90 km nördlich davon. Nach Süden geht’s nach Alice Springs, nach Norden geht’s nach Da

Diese ringförmige Sonnenfinsternis war der astronomische Höhepunkt unserer diesjährigen Australien-Reise – 8.000 km in 9 Wochen von Melbourne bis Darwin. Ein kompletter Reisebericht würde den Rahmen hier sprengen, ich beschränke mich auf die Finsternis und die unmittelbar damit zusammenhängenden Ereignisse. Es war unsere 6.Australienreise, beim ersten Mal 1963 vor genau 50 Jahren waren wir gar 12.000 km unterwegs – dies war also auch ein Nostalgie-Trip.

Zuhause hatte ich mir die Finsternis mit TheSky und im Internet vorab angesehen und die Reisedaten darauf abgestimmt. Am 10.Mai wollte ich mit meiner Frau genau auf der Zentrallinie unsere erste ringförmige Sonnenfinsternis erleben und photographieren.

Schon einige Tage vor dem Event wurde die Ausrüstung überprüft, ob auch alles den Flug und den Transport überstanden hatte und richtig funktioniert. Mit der feststehenden Cannon 450D sollte die gesamte Sonnenfinsternis in 5 Minuten-Abstand festgehalten werden.

Die einarmige Celestron-Montierung trägt einen Selbstbau-Refraktor mit einem 63/840 mm Zeiß-Objektiv,vor dem sich ein Glasfilter der Dichte5 befindet. Die 5-Mega-Pixel Casio-Kamera QV-5700 hat einen F
Die einarmige Celestron-Montierung trägt einen Selbstbau-Refraktor mit einem 63/840 mm Zeiß-Objektiv,vor dem sich ein Glasfilter der Dichte5 befindet. Die 5-Mega-Pixel Casio-Kamera QV-5700 hat einen Fernauslöser und wird durch den Schattenwerfer geschützt

Wir waren gut im Zeitplan und konnten es nach Mt.Isa recht geruhsam angehen lassen, d.h. den einen oder anderen zusätzlichen Besichtigungstag bzw. Ruhetag einlegen, insbesondere wenn der Campingplatz einen Swimmingpool hatte und es in der Gegend nicht allzuviel Fliegen gab. Bis zur Grenze ins Northern Territory hielten wir uns strikt an die im ganzen übrigen Australien geltende Geschwindigkeitsbegrenzung auf 110 km/h – das ergibt ein entspanntes Fahren, die Australier halten sich konsequent daran, auch die Lastwagenfahrer. So vermeidet man die wirklich deftigen Strafen und Unfälle – alle fahren zwar stets am Limit, dadurch gibt es aber kaum Überholvorgänge. Das ist nachahmenswert, denn die vielen Tausend Kilometer Fernstraßen sind keineswegs wie bei unseren Autobahnen mehrspurig - so etwas gibt es nur in der Umgebung der Großstädte. Aber die Fernstraßen sind alle in sehr gutem Zustand, sodaß man im Northern Territory durchaus die dort zulässigen 130 km/h fahren kann – wenn einem allerdings ein bis zu 53m langer Roadtrain mit Rindern oder Erz begegnet, dann sollte man konzentriert das Steuer besonders fest in der Hand halten!

Barkly Homestead ist wie damals vor 50 Jahren eine großen Tankstelle mit Über-nachtungsmöglichkeit sowie Campingplatz mit Swimmingpool und viel Schatten – ständig Temperaturen um 35°C belasten! Vegetation gibt es nur dort wo es auch Wasser gibt. Und dort gibt es meist auch die lästigen Fliegen sowie Kängurus, die man draußen im Landesinnern tagsüber kaum zu Gesicht bekommt – sie ruhen während der Hitze des Tages im Schatten und werden erst am Abend oder am Morgen in der Dämmerung aktiv. Streckenweise sind die Straßenränder geradezu mit „Roadkill“s belegt - Opfer der wegen der Tageshitze meist nachts fahrenden Vieh-transporter und Lastwagen – die Reste werden von den Raubvögeln und Krähen beseitigt, auf die der Reisende währen des Tages ein waches Auge haben muß, denn manche lassen es wirklich bis auf die letzten Meter ankommen. Energisches Hupen schon aus der Ferne hilft – stören tut’s ja ohnehin niemanden.

Unser Ziel war zunächst Tennant Creek – einer Gemeinde mit ca. 2000 Einwohnern, etwa einem Drittel Aboriginel, einem Supermarkt, einen Metzger mit integriertem Bäckerladen, drei Tankstellen und drei Alko- holläden, die allerdings nur von 14 -18 Uhr geöffnet sind. Entscheidend aber war für uns der herrliche, knapp einen Kilometer außerhalb liegende Campingplatz mit einem kleinen Laden und einem herrlichen Swimmigpool. Das sollte das Basislager sein!

Als Vordergrund für die SoFi-Aufnahmen hielten wir bereits Ausschau nach einer der Windmühlen zum Wasserschöpfen – würde wohl passen! Aber es sollte schließlich doch ganz anders kommen.

 

Den ersten Sonnenaufgang erlebten wir auf einem steilen und steinigen Hügel, dem Aussichtspunkt von Tennant Creek mit einem riesigen Wassertank,Bänken und Gedenktafeln. Mit freiem Blick zum Ost-Horizont nur 1 km vom Ort entfern – aber dort würden wir am 10.Mai wohl kaum alleine sein! Also suchten wir uns einen anderen Beobachtungsplatz etwas abseits, aber noch gut erreichbar – Teleskop, Kamera’s etc mußte ja dorthin im Dunkeln getragen werden. 

An der alten Telegraphenstation bei Tennant Creek
An der alten Telegraphenstation bei Tennant Creek

Und die Zentrallinie verlief ca.70km weiter nördlich! Da es noch früh am Morgen war und wir uns ohnehin die alte Telegraphenstation 20 km nördlich anschauen wollten, fuhren wir zunächst dorthin und waren angenehm überrascht, was man aus den Ruinen und Trümmern in den letzten 50 Jahren gemacht hat: ein richtiges kleines Museum, in dem man die Mühsal der Pioniere, die die Telegraphenleitungen aus London kommend hier im Outback vor über 100 Jahren bis nach Melbourne weiter verlegten. Der Himmel wolken-los und überall die Termitenbauten – unter der Erde ist die Hitze wohl besser auszuhalten.

 

Wir fuhren weiter nach Norden und erreichten um die Mittagszeit Banka Banka Entrance – eine Verladestation für die Rindertransporte direkt am Stuart Highway nur ca.15 km nördlich der Zentrallinie. Und man hatte dort einen ordentlichen Campingplatz mit ausreichend Wasser – Strom lieferte allerdings nur der Dieselgenerator. Aber von dem kleinen Geröllhügel im Westen der Anlage hatte man einen herrlich freien Blick zum Osthorizont!

Osthorizont bei Banka Banka
Osthorizont bei Banka Banka

Obwohl der Hügel nicht einmal 100m hoch ist, war der Aufstieg nicht nur der Hitze wegen recht mühsam – und das im Dunkeln mit Ausrüstung?! Meine Frau blieb unten und schaute sich in der Anlage um – nein, nicht unser Standard! Nach der Mittagspause machten wir uns auf den Rückweg und nutzten nach ca. 10 km die Abzweigung nach rechts zu „Churchills Head“, einer Felsformation am alten Stuart-Highway, die uns schon vor 50 Jahren aufgefallen war. Nach 20 km war man dann wieder auf dem neuen Highway doch der Sende-mast in der rechten unteren Ecke der Aufnahme schien mir bemerkenswert – in der endlosen Ebene war hier anscheinend nahe der Straße , sicher auf einem Hügel, ein Sendemast gebaut worden und der mußte zumindest mit Auto erreichbar sein!

Aber nein, wir hatten uns ja für Tennant Creek entschieden mit dem schönen Swimmingpool! Dort erfuhren wir allerdings, daß im Ort inzwi-schen alle Quartiere ausgebucht seien: 50 Japaner seien wegen der Sonnenfinster-nis angereist ! Und wenn die nun alle zum Aussichtpunkt kämen??? Am nächsten Morgen in der Frühe suchten wir uns einen neuen Beobachtungsort, von dem die andern wohl kaum etwas wußten, einen Tag vor der SoFi – wir kannten uns inzwischen ja in der Gegend schon recht gut aus! Weniger schön fanden wir allerdings die vereinzelten Wolken, die sich gegen Abend zu einer dünnen Wolkendeck verbanden. Und gegen 4 Uhr in der Nacht sah ich dann die Katastrophe: Der Himmel war komplett zu ! Nur im Norden schien es noch etwas offen zu sein und so beschlossen wir, es eben doch in Richtung Banka Banka zu versuchen. Gepackt war ja schon alles und für Morgentoilette war nun mal keine Zeit. Am Ortsausgang, an der letzten der drei Tankstellen, fuhr ein Auto vor uns auf den Highway – Frust: Wie sollte ich den im Dunkeln überholen! Und dann kam der nächste und der nächste. Genau fünf Fahrzeuge vor mir – die konnte ich unmöglich im Dunkeln überholen. Und tatsächlich: es war unmöglich zu überholen - die fuhren wie die Teufel in die Dunkelheit hinein – ich hatte Mühe zu folgen und die Rücklichter nicht zu verlieren. Und nach 30 km war uns klar: die wollten auch dorthin, wo wir hinwollten! Nach knapp 70 km wurden sie langsamer und bogen nach links in eine Schotterpiste ein. Es war immer noch stockdunkel, aber wir fuhren hinterher und erkannten dann, daß es der Platz an dem Funkmast war. Etliche Autos und Gelände-wagen, Zelte und Biwaks und dazwischen fand ich eine Parklücke für unser Wohnmobil – hier waren wir genau richtig!

Vor Sonnenaufgang bei Banka Banka Entrance
Vor Sonnenaufgang bei Banka Banka Entrance

Noch eine gute halbe Stunde bis Sonnen-aufgang und alle hatten schon aufgebaut! Während ich noch einem geeigneten Platz suchte, räumte Käthe die benötigte Gerät-schaft aus dem Wohnmobil. Es mußte schnell gehen - auf den Aufbau der Cannon für die Serienaufnahmen mußte ich verzichten. Unten am Highway in knapp einem Kilometer Entfernung donnerten unbeeindruckt gelegentlich die Roadtrains vorbei.

Wir waren zwar rechtzeitig fertig, aber die Wolken verdeckten die Sonne
Wir waren zwar rechtzeitig fertig, aber die Wolken verdeckten die Sonne
Alle warteten gespannt!
Alle warteten gespannt!
Die erste Aufnahme um 7:09 Ortszeit gelang mit 15 Minuten Verspätung
Die erste Aufnahme um 7:09 Ortszeit gelang mit 15 Minuten Verspätung
Um 7:27 Uhr immer noch Wolken
Um 7:27 Uhr immer noch Wolken

Die Bilder sind praktisch unbearbeitet, aber die Bildgröße wurde für den Bericht stark verkleinert. Aus der Erfahrung früherer Finsternisse wurde bei 100 ASA mit 1/100sec belichtet. Im Laufe der folgenden Stunde besserten sich mit aufsteigender Sonne die Beobachtungsbedingungen.

Um 8:04 Uhr Ortszeit kurz vor Ende der partiellen Phase der Finsternis
Um 8:04 Uhr Ortszeit kurz vor Ende der partiellen Phase der Finsternis
Um 8:05 Uhr Ortszeit kurz nach Ende der partiellen Phase der Finsternis Der Mond
Um 8:05 Uhr Ortszeit kurz nach Ende der partiellen Phase der Finsternis Der Mond
Der Mond zentral vor der Sonne um 8:07 Uhr Ortszeit
Der Mond zentral vor der Sonne um 8:07 Uhr Ortszeit
Die SoFi quasi im Zeitraffer als Bildgeschichte
Die SoFi quasi im Zeitraffer als Bildgeschichte

Die relativ lange Pause in der Aufnahmenreihe nach 8:14 Uhr ist auf den Umstand zurück zuführen, daß die Speicherkarte in der Kamera gewechselt werden mußte; dabei habe ich dann die Kamera etwas verdreht gegen vorher wieder auf das Zenitprisma gesetzt – sei’s drum: wir hatten wie erhofft, die Finsternis exakt auf der Zentrallinie erlebt! Nicht ganz wie geplant, aber so ist nun mal das Leben! Man unterhielt sich mit den Nachbarn am Hügel, Amateurastronomen aus Australien (Brisbane) sowie dem Fernsehteam eines Lokalsenders und tauschte Erfahrungen aus und auch Adressen.

Gegen Mittag war dann alles wieder verstaut, wir holten das versäumte Frühstück nach und waren dann schon wieder auf dem Weg - letztmals vorbei an Banka Banka Entrance - in Richtung Darwin. Von dort aus traten wir die Rückreise an mit zwei Erholungstagen in Singapur. Fazit: Die zwei-monatige Reise war zwar wieder anstrengend, aber äußerst interessant. Und als wir uns dann ein paar Tage später via YouTube die SoFi in Tennant Creek anschauten, dann konnten wir uns im Nachhinein nur selbst gratulieren, daß wir uns für das wilde Rennen in der Nacht Richtung Banka Banka entschieden hatten.

 

Hier http://www.youtube.com/watch?v=s-T9AvjYRZY findet man weitere Videos zu dieser ringförmigen Sonnenfinsternis. Der Beginn lag bei 6:55 Uhr Ortszeit, das Ende bei 9:33. Die Totalität dauerte gut 4 Minuten zwischen 8:05 und 8:09 Uhr.

Autor: Karl Benz