Rüsselsheim: Blick in den Nachthimmel kann sich lohnen

 

Hobby-Astronom Horst Tremel will in der Silvesternacht das Firmament fotografieren. Meteorologen kündigen allerdings Bewölkung an.


Von Sérgio Presta, Mainspitze

 

Das Sternbild Orion: Mit zwei Sternen erster und drei zweiter Größe zählt es für Hobby-Astronomen wie Horst Tremel zu den absoluten Highlights am Winterhimmel. Tremel ist zweiter Vorsitzender der Rüsselsheimer Sternfreunde, die 1975 als eingetragener Verein gegründet wurden. Sollte das Wetter in der Silvesternacht mitspielen und seine Nachbarn in Flörsheim sich an den Aufruf von Bürgermeister Bernd Blisch halten, „Silvester besonnen, mit Rücksichtnahme und unter Beachtung der Maßgaben der Corona-Beschränkungen zu feiern“, will Tremel auf jeden Fall das Firmament fotografieren. Meteorologen kündigen jedoch Bewölkung zur Geisterstunde in Rüsselsheim und Umgebung an.

Doch vielleicht hat der heilige Petrus ja ein Einsehen und reißt ein paar größere Löcher in die Wolkendecke. Rentner Tremel würde seinen geübten Blick in dem Fall nicht nur zu Orion, sondern auch zum Großen und Kleinen Hund südöstlich davon schweifen lassen: „Auch den Planeten Mars kann man bei klarer Nacht anhand seiner roten Färbung gut erkennen.“ Seine größeren Brüder, Jupiter und Saturn, seien um die Zeit leider schon lange untergegangen. Der wesentlich weiter entfernte Verwandte Uranus ließe sich aufgrund seiner Lichtschwäche nur mit dem Fernglas ausfindig machen.

 

Tremel spricht mit großer Sachkenntnis und Leidenschaft von den Himmelskörpern, die ihn schon als Kind in den Bann zogen. „Alles fing mit dem Kometen Arend-Roland an, der im Jahr 1957 mit bloßem Auge gesehen werden konnte. Ich ging damals in Flörsheim zur Grundschule und hatte das Glück, einen Lehrer zu haben, der Astrophysik studiert hatte und mich gerne in die Geheimnisse des Universums einweihte.“

In den frühen Siebzigern schloss sich Tremel dann einer an Astronomie interessierten Schülergruppe des Max-Planck-Gymnasiums an, obwohl der Maschinenbauer damals schon nicht mehr die Schulbank drückte, sondern für die Firma Opel tätig war. Diese hatte ihn nach Saragossa entsandt, als die Sternfreunde aus dem Ei schlüpften, das zuvor in der Planckschule ausgebrütet worden war. Kurz nach seiner Rückkehr war auch Tremel mit von der Partie und ist es bis heute geblieben.

Die Sternfreunde sind in der Szene weit über die Stadtgrenzen Rüsselsheims hinaus vor allem für ihre Sonnenbeobachtung im Rahmen der sogenannten „H-alpha Treffen“ bekannt, die für gewöhnlich auf dem Gelände der Ewald-Becher-Sternwarte ein wenig außerhalb der Stadt mit ihren störenden Lichtern stattfinden. Technisch ist der Verein gut ausgestattet und besitzt unter anderem „ein Newton-Teleskop mit 38 Zentimeter Spiegeldurchmesser und 2,64 Meter Brennweite mit Schrittmotor-Nachführung“, wie es auf der eigenen Website heißt. „Nur leider sind die Bäume vom Waldrand inzwischen so hoch gewachsen, dass sie uns die Sicht nehmen“, beklagt Tremel.

 

 

Dem Vereinsleben geschadet hat auch ein anderes Naturphänomen: das Coronavirus. Viele der sonst üblichen Aktivitäten musste man 2020 ruhen lassen. Immerhin: Fachvorträge, die vor der Ankunft von Covid-19 an der Hochschule Rhein-Main stattfanden, werden inzwischen online gehalten und genauso gern gesehen: „Bei einem Vortrag Anfang Dezember zur Frage „Warum ist das Universum nicht leer?“ haben 80 bis 100 Leute zugehört. Das ist nicht weniger als früher im Hörsaal“, ist Tremel mit der Resonanz auf das digitale Angebot zufrieden.